Torbögen des Rathauses

Sondersitzung: Stadtrat und Haupt- und Finanzausschuss: 30. Januar 

„Wir befinden uns in einer sehr dynamischen Lage und präsentieren ihnen in der Sitzung auf dieser Basis die aktuellsten Erkenntnisse. Es ist die bestmögliche Grundlage, die wir Ihnen in der Kürze der Zeit aufbereiten können. Denn wir stehen vor einer zwingenden Entscheidung, um die Unterbringung ab dem 1. Mai zu gewährleisten“, so Oberbürgermeister Dr. Meyer:

„In dieser schwierigen Situation können wir mit der beabsichtigten Option sicherstellen, dass wir ab Mai keine Geflüchteten in Turnhallen oder Zelten unterbringen müssen. Damit stehen die Sportstätten den Vereinen und Schulen und die Kerweplätze den Vereinen für ihre Aktivitäten zur Verfügung.

Die enormen Kosten der Flüchtlingsunterbringung müssen von Bund und Land übernommen werden, weil wir Kommunen das nicht schultern können. Das Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, bezahlt!“ muss endlich Anwendung finden.“

 

Der aktuellste Sachstand wird am Dienstag vorgestellt und die notwendigen Beschlüsse sollen die Stadtratsmitglieder beraten und beschließen. Grundlage ist, dass für die weitere Unterbringung von Geflüchteten und Obdachlosen Plätze in der Stadt fehlen.

 

 

Die Frankenthaler Verwaltung ist in ihrer Gesamtverantwortung gefordert, diese außergewöhnliche Situation zu bewältigen. Die derzeitige Lage erforderte eine neue Strukturierung, um die Gesamtorganisation der Aufgaben im Bereich der Flüchtlingsunterbringung an die sich ständig verändernde Situation anzupassen. Aufgrund der dramatischen Lage hat sich die Verwaltung daher auf Vorschlag des Oberbürgermeisters umgehend nach dessen Amtsantritt mit hoher Priorität der Analyse des Sachstands der Unterbringung Geflüchteter in Frankenthal (Pfalz) angenommen. Hierzu wurde am 10. Januar eine Projektgruppe Task Force Unterbringung gegründet.

 

Neben der Bestandsanalyse stand vor allem im Vordergrund, den etwaigen Zeitpunkt zu ermitteln, an dem die vorhandenen Kapazitäten erschöpft sind. Die größte Herausforderung hierbei besteht auch zukünftig in der fehlenden Planbarkeit des Flüchtlingszuzugs. Da keine verlässlichen Prognosen zur Verfügung stehen, muss sich die Kapazitätsplanung an unterschiedlichen Planungsparametern orientieren.

Bei Zugrundelegung verschiedener Planungsparameter und eines prognostizierten Unterbringungsbedarfs von acht Personen pro Woche und der aktuell vorhandenen Kapazitäten, sind die Möglichkeiten voraussichtlich Ende April 2024 erschöpft.

 

Die verschiedenen Handlungsoptionen werden im Gremium vorgetragen. Die Betrachtung der Task Force optionalen Standorte hat zum Ergebnis geführt, dass der Standort Festplatz Benderstraße (Option 2) bei Abwägung der Realisierbarkeit, des Aufwands und zu erwartenden Folgekosten, die aktuell zu präferierende Option ist.

 

Hintergrund dessen ist, dass die Realisierung von Containern an verschiedenen Standorten einen erhöhten Koordinierungs- und Vorbereitungsbedarf bedeutet. Bernd Leidig, Beigeordneter der Stadt, erklärt: „Eine dezentrale Lösung würde leider deutliche Mehrkosten verursachen und auch mehr personelle Ressourcen benötigen. Die dezentrale Unterbringung benötigt einen größeren Personaleinsatz, den wir aktuell nicht bewerkstelligen können.“

 

 

Dazu äußert sich Bürgermeister Bernd Knöppel:

„Zum jetzigen Zeitpunkt muss der Plan nicht bedeuten, dass wir alle Container auf den Festplatz stellen und auch benötigen werden. Sollte sich der Bedarf an Plätzen geringer entwickeln, werden wir hier immer angemessen und zielgerichtet handeln. Auch wenn sich andere Optionen ergeben, werden wir den Festplatz entzerren. Leider bedeutet diese Lösung auch, dass der Frühjahrsmarkt auf den Röntgenplatz und Parsevalplatz ausweichen muss. Darüber haben wir schon erste Gespräche mit den Schaustellern und den Schulleitungen der beiden Gymnasien geführt.“

 

Nächste Schritte

Wenn die Standorte festgelegt sind, können weitere Schritte erfolgen. Aufgrund der gebotenen Eile finden bereits erste Gespräche mit Anbietern statt, aber auch die weiteren Aspekte werden seitens der Verwaltung bereits bearbeitet: Gespräche mit der Polizei, mögliche Ausschreibungen sowie die Kommunikation mit Ehrenamtlichen zur Betreuung und Anwohnern sind in Vorbereitung.

Die Verwaltung wird mit allen Netzwerkpartnern der Frankenthaler Integrationsarbeit (Beirat für Migration und Integration, Arbeitskreis Asyl, Sprachkursträger, Migrationsberatungsstellen, Wohlfahrtsverbände, Frauenhaus, Mehrgenerationenhaus, Stadtbücherei, freiwillige Helfer und weitere) ein Konzept zur Gestaltung des sozialen Umfelds mit Förderung von Integrationsprozessen für die Unterkünfte der unter Beschlusspunkt 3 genannten Kapazitätserweiterung am Festplatz entwickeln. Die Herausforderungen aufgrund der besonderen Unterbringungssituation findet auch im Fortschreibungsprozess des strategischen Integrationskonzeptes der Stadt Frankenthal (Pfalz) Berücksichtigung.

 

Mehr folgt auf: www.frankenthal.de/migrationintegration

 

Aktuelle Zahlen

Die Anzahl der Zuweisungen Geflüchteter an die Kommunen unterliegt ganzjährig Schwankungen, steigt allerdings seit geraumer Zeit stetig. Auch die Stadt Frankenthal verzeichnet hohe Zuweisungszahlen und ist zur Deckung der erforderlichen Platzkapazitäten gesetzlich verpflichtet.

 

In der Stadt Frankenthal stellt sich die Situation folgt dar:

Die Zahl der geflüchteten und asylsuchenden Menschen, die die rheinland-pfälzischen Kommunen unterbringen müssen, steigt ständig. Allein vom 1. Januar bis 30. November 2023 wurden Frankenthal 157 Menschen aus den Landesaufnahmeeinrichtungen zugewiesen. Aktuell, im Januar 2024, sind in Frankenthal 675 Personen in städtischen Unterkünften untergebracht.

Davon sind rund 70 Personen Deutsche/Europäer und rund 70 Personen Ukrainer. Ca. 60 % gehen einer Erwerbstätigkeit nach oder erhalten Bürgergeldleistungen, die übrigen sind Geflüchtete. Hinzu kommen 32 minderjährige Geflüchtete, die vom Bereich „Familie, Jugend und Soziales“ in Wohngruppen betreut werden.

 

Die Prognosen des Landes für das laufende Jahr gehen zum jetzigen Zeitpunkt prognostisch von sechs Neuzuweisungen pro Woche aus. Unabhängig von der Prognose zur Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern (Strang 1) kommen weitere Personengruppen hinzu, die untergebracht werden müssen, zu denen aber keine Prognosezahlen seitens des Landes erstellt werden.

 

Im Strang 2 müssen die Ukrainer und deutsche Obdachlose und im Strang 3 die Ortskräfte aus Afghanistan, Spätaussiedler aus Russland, und weitere Familiennachzüge eingerechnet werden. Die Verwaltung rechnet deshalb zum jetzigen Zeitpunkt prognostisch mit insgesamt acht Menschen pro Woche, die untergebracht werden müssen.

 

Die Stadt Frankenthal betreibt an mehreren Standorten Unterkünfte, Wohnheime und Wohnungen. Bereits 2023 war absehbar, dass die Kapazitäten in der Zukunft nicht ausreichen – teils aufgrund gestiegener Unterbringungszahlen, teils weil geplante Projekte aus verschiedenen Gründen nicht rechtzeitig realisiert werden konnten. Ein Faktor ist hier auch der Mangel an günstigem Wohnraum – etwa 300 Bewohner der städtischen Unterkünfte könnten ausziehen, wenn sie eine geeignete Wohnung finden würden.